Behindertenstatus bei chronischen Erkrankungen, Teil 3
In der Regel kommt ca. 14 Tage nach Antragstellung eine Eingangsbestätigung. Die zuständige Behörde ist gehalten, binnen 2 Monaten zu entscheiden, was aber wegen der Fülle der Anträge selten klappt. Lassen Sie sich nie am Telefon abwimmeln. Selbst bei einer wahrscheinlichen Ablehnung haben Sie das Recht, über die genauen Gründe informiert zu werden, auch darüber, auf welche Gesetzesgrundlage sich die Ablehnung stützt.
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Die Entscheidung besteht in der Regel, wohl aus Prinzip, aus einer Ablehnung. Nicht jeder traut sich einen Widerspruch zu und nimmt so die Entscheidung klaglos hin. Wenn Ihrem Antrag nicht in vollem Umfang stattgegeben wurde, legen Sie unbedingt Widerspruch ein und machen von Ihrem Recht auf Akteneinsicht Gebrauch. Beispiel: „Gegen Ihren Bescheid vom ... lege ich hiermit Widerspruch ein. Eine Begründung reiche ich nach, ich beantrage vorab Akteneinsicht“.
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In dem Fall können Sie beim zuständigen Amt Ihre Akte lesen, sehen dann, ob z.B. Ihr behandelnder Arzt auch alle Gesundheitsangaben gemacht bzw. Ihre Angaben bestätigt hat. Sie sehen auch, welche Ablehnungsgründe der zumeist eingeschaltete Gutachter angegeben hat. Immer noch wird ein (längst veralteter) Ermittlungsbogen benutzt, der auf die Besonderheiten bei bettlägerigen Menschen, die zudem Hilfe beim Essen, Waschen, Ankleiden etc. benötigen, abgestimmt ist. Dieser Bogen nimmt keine Rücksicht auf z.B. Allergiker, so dass eine Ablehnung aufgrund dieses Bogens für den Gutachter eine leichte Übung ist. Man sollte es nicht glauben, aber Allergiker/Asthmatiker benötigen selten Hilfe beim Anziehen, Füttern etc.
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Aus eigenem Erleben hier einige Beispiele für aberwitzige Ablehnungsgründe: Menschen mit Mukoviscidose sind schlimmer dran sind als Allergiker, man soll sich nicht so anstellen. Oder: Asthma ist unter Cortison nicht mehr lebensbedrohend, also liegt keine Beeinträchtigung vor. Oder: Der Gutachter hat festgestellt, dass die Voraussetzungen nicht vorliegen. Hintergrund: oft wurden mehrere Gutachter eingeschaltet, bis einer im gewünschten ablehnenden Sinne urteilt. Diese Begründung wird dann als Grundlage der Ablehnung genommen. Das können Sie aber nur aufgrund der Akteneinsicht erkennen. Versäumen Sie nicht, sich entsprechende Ablichtungen aus der Akte machen zu lassen, um auch die Widerspruchsbegründung darauf aufzubauen.
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Das könnte so aussehen: „Wie ich meiner Akte entnehmen konnte, wurden die Beeinträchtigungen zu Punkt xy nicht in Ihre Entscheidung aufgenommen. Ich bitte nochmals, die Krankenberichte zu beachten“. Oder: „Der Gutachter Dr. ... hat lt. Vermerk Seite... meinem Antrag stattgegeben. Diese Entscheidung haben Sie mir vorenthalten. Ich bitte meinem Widerspruch stattzugeben“.
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Auch schon so passiert: Die Zeugnisnoten sind o.k., es kann also keine Behinderung / Einschränkung vorliegen. Das Kind wird bald 6 Jahre und lernt dann lesen, also kann es selbst auf unverträgliche Zutaten etc. achten. Der Betroffene hat seinen ersten anaphylaktischen Schock überlebt, weiß nun, wie zu handeln ist, ergo keine Beeinträchtigung.
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Manchmal wird die Akte „gesäubert“, bevor Sie diese zu sehen bekommen, d.h. für Sie günstige Gutachten, Arztberichte „sind im Moment nicht auffindbar“. Achten Sie auf die fortlaufende Nummerierung der Akte, fehlende Seiten sofort hinterfragen.
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Eventuell wird man zu einem Gutachter gebeten, wenn die Unterlagen nicht aussagefähig genug sind. Es gibt immer Gutachter in Ihrer Nähe, Sie müssen sich nicht auf einen Termin in größerer Entfernung einlassen. Zudem sind weite Anfahrten für kleine Kinder oder körperbehinderte Personen unzumutbar.
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Gutachter stellen oft nur Fragen, die mit Ja oder Nein zu beantworten sind, Erklärungen sind unerwünscht. Auch wird immer noch als Kriterium für Asthma die einfache Peak-Flow- Messung genommen (ohne Provokation). Die ist bei richtiger Behandlung meist unauffällig, also haben Sie kein Asthma. Oder: Sie sind normalgewichtig, haben keine äußeren körperlichen Einschränkungen, „leider“ im Moment grad keine Ekzeme, wozu wollen Sie einen Behindertenausweis? Wappnen Sie sich vorab gegen solche unsachgemäßen Äußerungen. Nehmen Sie, falls vorhanden, Bilder vom Gesundheitszustand z.B. bei Neurodermitis, Diabetes etc. als Hilfe mit.
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Fachmännische Hilfe bekommen Sie z.B. auch durch Ihre Selbsthilfegruppe, Ihre Selbsthilfeorganisation bzw. einem Behindertenverband. Gesammelte Erfahrung hilft, Ansprüche durchzusetzen. Auch eine Person Ihres Vertrauens kann Ihnen moralische und praktische Unterstützung sein.
Teil 4: Besonderheiten bei Kindern