Pioniere der Neurodermitiserforschung
Als sehr begabter Schüler studierte Jean-Baptiste-Emile Vidal (1825 - 1893) in Tours an der medizinischen Fakultät. Nach einem weiteren Studium an der Lycée Condorcet in Paris, promovierte er 1855 schließlich zum Doktor der Medizin. Eine Krankheit hinderte ihn daran mit seiner Forschungsarbeit über die kongenitale Syphilis (Syphilitische Infektion der Mutter) sich zum Professor zu habilitieren. Dies blieb zeit seines Lebens immer ein wunder Punkt. 1861 wurde er Médecin des Hôpitaux mit besonderem Interesse für Innere Medizin und Pädiatrie. Vidal war im Wesentlichen ein Dermatologe. Als er 1867 Direktor einer Dermatologischen Abteilung am Hôpital Saint Louis wurde, widmete er sich dieser Fachrichtung.
Er war einer der Ersten in Frankreich, die die Bedeutung der Dermatohistologie (feingewebliche Diagnostik der entzündlichen und nicht-entzündlichen Hauterkrankungen) hervorhoben, und führte die Techniken, die damals aus Deutschland kamen, am Hôpital Saint Louis ein. Er veröffentlichte viele klinisch-dermatologische Arbeiten über Hauterkrankungen wie verschiedene Formen des Lichen (chronisch entzündliche, nicht ansteckende Hauterkrankung), Urtikaria, Ekzeme, Parasitosen oder Pilzinfektionen. Sein hauptsächliches wissenschaftliches Interesse galt dem Lupus (autoimmune Bindegewebserkrankung) und vor allem dem Lichen. Er war auch an der Therapie interessiert und führte einige für diese Zeit neue Methoden ein. Vidal bestand auf kleinste Details der äußerlichen Therapien.
Vidal hatte neben vielen anderen Aktivitäten eine umfangreiche Praxis. Auf dem Gebiet der Hygiene befürwortete er die Isolation von ansteckenden Patienten in Krankenhäusern, insbesondere bei Pocken. Dies war ein langer und heftiger Kampf in verschiedenen Gremien der öffentlichen Hygiene bis hin zu Diskussionen im französischen Senat. So bestand er auf einer effizienten Abwasserentsorgung in der Stadt Paris. Weiterhin setzte er sich für die Einführung einer eigenen frauenheilkundlichen Ambulanz ein.
Er selbst erkrankte häufig an schweren Krankheiten. 1872 erkrankte er schwer an Brustfellentzündung und 1894 mit einer Wundrose des Gesichtes und des Kopfes, gefolgt von einer Gangrän. Jedes Mal erholte er sich und schien energetischer, und aktiver als zuvor zu sein. Nur die letzte Infektion war zu aggressiv, sodass er an ihr verstarb.
Manche seiner klinischen Beschreibungen sind vergessen und werden heute lediglich als Varianten anderer Erkrankungen angesehen: Prurigo nodularis Hyde (stark juckende Hautknoten) oder eine randbetonte und zirzinäre Variante der Röschenflechte.
Lichen Vidal
Lichen ist ein Wort, das auf Hippokrates zurückgeht. Vidal lenkte die Aufmerksamkeit auf eine Reihe von häufigen klinischen Varianten.
In seiner wichtigsten Arbeit zu Lichen unterschied er zwei Arten: einfach und polymorph. Chronischer Lichen simplex ist gekennzeichnet durch Plaques mit rauer, unebener Oberfläche, welche sich körnig anfühlt, vergleichbar der Schale einer Orange. Die Haut ist durch Kratzen blass-rot, gräulich, verdickt und verhärtet mit Exkoriationen. Die chronische dermale Entzündung führt zu einer Hyperplasie des Bindegewebes. Es besteht Juckreiz, der zeitweise intensiv sein kann. Zu den betroffenen Regionen gehören Hals, Streckseiten von Unterarmen und Handgelenken, Beine und vor allem Anal- und Genitalregion. Dort kann der chronische Lichen besonders hartnäckig und quälend sein. Das klinische Bild wurde von Brocq und Jacquet 1891 weiter definiert. An Vidals Name wird aufgrund dieser Beschreibung einer lokalisierten Neurodermitis noch heute erinnert.
Quelle: Pantheon der Dermatologie, Löser • Plewig Hrsg., Springer Medizin Verlag
Autorin: www.susaane-miesera.de