Allergieprophylaxe und Schwangerschaft
Durch widersprüchliche Informationen sind junge Eltern oft verunsichert, welche Maßnahmen sie ergreifen sollen. Und dabei wollen sie doch alles für den jungen Sprößling tun, vor allem wenn es in der Familie bereits Allergiker gibt.
Wer sollte Allergieprophylaxe betreiben?
Die Intensität der Allergieprophylaxe sollte sich nach dem Allergierisiko des Neugeborenen richten. Das Risiko ist davon abhängig, wie viele Familienmitglieder allergisch belastet sind. Nach der Geburt kann der Arzt mittels einer Blutuntersuchung (Gesamt-IgE) die Allergiebereitschaft des Säuglings ermitteln.
Das Allergierisiko eines Neugeborenen in Abhängigkeit von der Atopie-Belastung der Familie
kein Elternteil allergisch 5–15%
ein Elternteil allergisch 20–40%
Ein Geschwister allergisch 25–35%
Beide Eltern allergisch 40–60%
beide Eltern allergisch mit gleicher Manifestation 60–80%
Quelle: Kjellman u. Strobel
Zwar kann die beste Prophylaxe nicht garantieren, dass das Kind keine Allergie entwickeln wird, allerdings kann das Risiko sehr deutlich reduziert werden.
Prophylaxe im häuslichen Umfeld
Der Kontakt mit Haustieren und Zigarettenrauch muss unbedingt vermieden werden.
Kinder von rauchenden Müttern haben ein vielfach erhöhtes Allergierisiko.
Darüber hinaus sollte die Schwangere und Stillende möglichst wenig mit Schadstoffen in Berührung kommen, die z.B. bei Renovierungsarbeiten oder beim Legen von Amalgamfüllungen entstehen.
Die Ernährung der Schwangeren und Stillenden:
Die schwangere bzw. stillende Frau sollte nach neuesten Erkenntnissen keine strenge Diät halten! Eine gesunde, vollwertige Ernährung versorgt Mutter und Kind am besten mit allen Nährstoffen und sorgt somit für Stabilität im Stoffwechsel. Falls die Frau selbst unter Allergien leidet, sollte sie diese besonders streng in der Schwangerschaft und Stillzeit meiden.
Außerdem ist der Verzicht auf reine Kuhmilch ratsam.
Schwangere Neurodermitikerinnen haben häufig einen Linolsäuremangel und sollten – in Absprache mit ihrem Arzt – diese im letzten Trimenon und der Stillzeit substituieren.
Wird Jod in der Schwangerschaft eingenommen, muss die Substitution unbedingt in der Stillzeit fortgesetzt werden, weil das (gestillte) Kind sonst in eine Mangelsituation kommt.
Auf der Entbindungsstation:
Der Arzt und die Schwestern sollten über das Allergierisiko und den Stillwunsch unterrichtet werden. Von einer Kuhmilch- Zufütterung (sog. Nachtfläschchen) sollte unbedingt abgesehen werden, da mit einer Flasche bereits die Weichen für eine Kuhmilch-Allergie gestellt werden! Ein „Rooming-in“ erleichtert es der Mutter, ihr Kind nach Bedarf zu stillen und die Kontrolle über die Ernährung des Säuglings zu haben.
Die Bedeutung der kindlichen Ernährung im ersten Lebensjahr
Der Darm ist die größte Kontaktzone des Menschen mit seiner Umwelt. Hier setzt sich der Körper mit Bakterien, Viren, Nahrungsbestandteilen auseinander und nimmt Nährstoffe auf.
Der Säugling kommt fast ohne Schutzmechanismen im Darm zur Welt und ist deshalb sehr anfällig für eine frühe Ausbildung von Allergien. Im Laufe des ersten Lebensjahres muß der Säugling eine gesunde Darmflora und sein darmassoziiertes Immunsystem entwickeln, um sich vor Eindringlingen schützen zu können.
Die beste Hilfe bei diesem Prozess ist das ausschließliche Stillen für mindestens sechs Monate. Muttermilch ist keimfrei, hat stets die richtige Temperatur, enthält Schutzstoffe und die optimale Zusammensetzung für das Baby.
Was, wenn nicht gestillt werden kann?
Bei einem mittleren Allergierisiko sollte auf eine im Handel erhältliche hypoallergene
Säuglingsnahrung (HA-Nahrung) zurückgegriffen werden. Hochrisiko-Kinder bzw. Säuglinge mit ersten allergischen Symptomen wie echtem Milchschorf oder Neurodermitis sollten besser auf die noch verträglicheren Hydrolysate (Nutramigen, Alfaré, Pregomin, Pregestimil) zurückgreifen. Sie sind in der Apotheke erhältlich.
Was, wenn Symptome auftreten?
Entwickelt der Säugling während der Stillzeit Symptome, sollte keinesfalls eigenmächtige Diätversuche vorgenommen oder gar abgestillt werden. In enger Zusammenarbeit mit dem Arzt und einer professionellen Ernährungsberaterin kann eine streng allergene Kost für den Zeitraum von zwei Wochen vereinbart werden. Je nachdem ob sich eine Veränderung der Beschwerden einstellt, muss individuell das weitere Vorgehen besprochen werden.
Folgende Lebensmittel haben sich für den Anfang bewährt:
Tag 1 Tag 2 Tag 3 Tag 4
Getreide Mais (Polenta) Buchweizen Hirse Reis
Gemüse Zucchini Karotte, Kürbis Fenchel
Kartoffel
Obst Mirabelle Apfel Banane Birne
Fleisch Lamm Pute
Öl Maiskeimöl Distelöl Maiskeimöl Distelöl
Einführung von Beikost
Der größte Unterschied zur sonst üblichen Beikosteinführung besteht in einem schnelleren Kostaufbau beim Allergierisikokind, um nicht täglich die gleichen Lebensmittel zu präsentieren. Bekanntermaßen steigt das Risiko auf ein Lebensmittel allergisch zu reagieren mit der Häufigkeit des Kontaktes.
Am Anfang jeder Mahlzeit sollte weiterhin gestillt werden, um das Kind bestmöglich mit Schutzstoffen zu versorgen.
Neue Lebensmittel werden zunächst an drei aufeinander folgenden Tagen gegeben, um das Baby daran zu gewöhnen und zu prüfen, ob es das jeweilige Lebensmittel verträgt. Zur Beobachtung der Verträglichkeit der einzelnen Lebensmittel, empfiehlt sich ein Tagebuch, in dem die verzehrten Lebensmittel und die Reaktionen des Kindes notiert werden. Gut vertragene Lebensmittel können z.B. auf einer Positivliste festgehalten werden.
Die verträglichen Lebensmittel sollten sodann in Rotation verzehrt werden. Das heißt, jedes Lebensmittel wird nur jeden vierten Tag verzehrt. Lebensmittel, die der gleichen Pflanzenfamilie angehören, dürfen maximal jeden zweiten Tag gegeben werden.
Wird bei einem Lebensmittel eine Unverträglichkeit festgestellt, sollte dieses Lebensmittel zunächst weggelassen und erst nach Rücksprache mit dem Arzt oder der Ernährungsberatung erneut getestet werden. Alle Speisen sollten dem Baby geschält und gekocht präsentiert werden.
Große Vorsicht ist bei Gläschenkost geboten. Häufig enthalten sie Zusätze, die Allergien auslösen können sowie eine Kombination mehrerer Lebensmittel, was mit der Rotationkost nicht vereinbar ist.
Immer auf die Zutatenliste schauen!
Im ersten Lebensjahr sollte verzichtet werden auf: herkömmliche Säuglingsmilchnahrungen, Kuhmilch, Nüsse, Eier, Fisch, glutenhaltige Getreide (Weizen, Roggen, Dinkel, Gerste, Hafer, Grünkern), Zitrusfrüchte, Schweinefleisch, Lebensmittelzusatzstoffe, Süßungsmittel, Dieser Plan (siehe Tabelle) kann so bis zum Ende des ersten Lebensjahres beibehalten werden. Je nach Entwicklungsstand des Kindes können ungefähr ab dem zehnten Monat gröbere Getreide und erste rohe Lebensmittel getestet werden.
Gegen Ende des ersten Lebensjahres können dann in Absprache mit dem Arzt / der Ernährungsberaterin die „kritischen“ Lebensmittel getestet werden. Es empfiehlt sich vorher einen Allergietest durchführen zu lassen.
Stück für Stück sollte der Speiseplan des Säuglings der Familienernährung angepasst werden. Bei Hochrisikokindern ist es sinnvoll, die Rotation im zweiten Lebensjahr noch beizubehalten.
Verfasserin:
Dipl. oec. troph. Corinna Handt
http://www.viavitalis.de