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Einfluss von Zucker

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Zahlreiche Patienten mit atopischer Dermatitis (AD) vermuten Nahrungsmittel als Auslöser von Ekzemverschlechterungen und führen häufig selbst auferlegte, teilweise sehr strenge Diäten durch. Neben Milch und Ei werden oft Lebensmittel wie Tomaten, Süßigkeiten oder auch Zusatzstoffe gemieden.

Letztere weisen als zugrunde liegenden Pathomechanismus auf pseudoallergische, aber nicht IgE-vermittelte Reaktionen hin. Der Stellenwert pseudoallergischer Reaktionen bei AD ist umstritten. Eine begrenzte Anzahl von Studien, die sich mit dieser Thematik befassen, und eine Beschränkung auf einzelne Auslöser bei den vorliegenden Untersuchungen machen die Bewertung des Einflusses der pseudoallergischen Nahrungsmittelunverträglichkeit bei Patienten mit AD schwierig. Aufgrund unserer eigenen Untersuchungen ist davon auszugehen, dass Zusatzstoffe nur einen geringen Teil der Auslöser pseudoallergischer Reaktionen ausmachen.

Auch der Einfluß von Zucker auf den Hautzustand bei AD, wie er von vielen Patienten vermutet wird, kann aufgrund der eigenen Untersuchungen verneint werden. Ein genereller Zuckerverzicht als therapeutische Maßnahme bei Patienten mit AD läßt sich daher nicht rechtfertigen.

Einleitung

Nahrungsmittel werden häufig von Patienten mit atopischer Dermatitis (AD) als aggravierende (zur Verschlimmerung einer Krankheit führend) Faktoren vermutet. Daher führen zahlreiche Patienten selbst auferlegte und teilweise sehr strenge Eliminationsdiäten durch, deren wissenschaftliche Grundlage häufig nicht gesichert ist. Die Informationsquellen der Betroffenen beruhen meist auf generellen Diätempfehlungen ohne zugrunde liegende allergologische Diagnostik. Ein Großteil der AD-Patienten bezieht Diätvorschriften aus den Medien oder durch Freunde und Bekannte.

Insbesondere Patienten mit selbst auferlegten Diäten neigen dazu, bei Symptomverschlechterung unter Diät ihren Speiseplan weiter zu reduzieren, während die Wirksamkeit der Diät oftmals nicht in Frage gestellt wird. Ungesicherte und unkontrollierte Diätformen bergen damit die Gefahr von Fehl- oder in ausgeprägten Fällen sogar von Mangelernährungen.

Je nach Umfang der diätetischen Einschränkungen mindern sie die Lebensqualität und führen zu einer Steigerung des Leidensdrucks. Häufig gemiedene Lebensmittel sind Grundnahrungsmittel wie Milch und Milchprodukte und Ei, aber auch Tomaten, Zusatzstoffe und Süssigkeiten. Während es für das Kindesalter gut belegte Prävalenzzahlen für Nahrungsmittelallergien bei AD gibt, sind die Daten für das Erwachsenenalter rar. Es wird davon ausgegangen, dass etwa ein Drittel der Kleinkinder mit AD eine klinisch relevante Allergie gegenüber ein oder zwei Nahrungsmittel aufweist, diese aber bei einem Großteil der Kinder bis zum Schulalter wieder verschwunden ist. Dementsprechend sind die klassischen Nahrungsmittelallergien bei erwachsenen Patienten mit AD selten. Im Gegenzug dazu manifestieren sich pollenassoziierte Nahrungsmittelallergien mit steigendem Lebensalter.

Für Lebensmittel wie Tomaten, Zusatzstoffe und Süssigkeiten ist als zugrunde liegender Pathomechanismus einer Ekzemverschlechterung eher eine Pseudoallergie als eine IgE-vermittelte Reaktion wahrscheinlich.

Wir werden im folgenden den Stellenwert pseudoallergischer Reaktionen bei AD anhand der vorliegenden Studien diskutieren.
Zusätzlich wird auf den Einfluss von Zucker als häufig angeschuldigter aggravierender Faktor bei AD auf der Basis eigener Untersuchungsergebnisse eingegangen.

Stellenwert pseudoallergischer Reaktionen bei atopischer Dermatitis

Der Begriff der Nahrungsmittel-Pseudoallergie wird häufig als Synonym für eine nicht allergische Unverträglichkeit auf Zusatzstoffe verwendet. Pseudoallergische Reaktionen auf Zusatzstoffe wurden zuerst von Juhlin und Mitarbeitern bei Patienten mit ASS-Unverträglichkeit (ASS = Acetylsalicylsäure) beschrieben.

Weitere Forschungsarbeiten zeigten aber, dass eine Pseudoallergie auf Nahrungsmittel unabhängig von den seit Anfang des 20. Jahrhundert beschriebenen pseudoallergischen Reaktionen auf ASS11 sein kann und dass auch natürlich vorkommende Substanzen in Lebensmitteln Reaktionen vom Typ der Pseudoallergie hervorrufen können.

Der Mechanismus der Pseudoallergie ist bislang nicht vollständig geklärt. Es konnte gezeigt werden, dass Pseudoallergene die Freisetzung von Histamin und anderen pro-inflammatorischen Mediatoren aus Mastzellen bewirken können. Bei Patienten mit AD ist es vorstellbar, dass über Mastzellen, die in läsionaler Haut vermehrt vorkommen, bzw. über deren Mediatoren infiltrierende T-Zellen aktiviert werden, die dann eine Ekzemverschlechterung hervorrufen.

Als Auslöser pseudoallergischer Reaktionen im Kindesalter wurden künstliche und natürliche Aromastoffe, Konservierungsstoffe, Farbstoffe, Geschmacksverstärker und Zitronensäure identifiziert. Fuglsang und Mitarbeiter geben die Häufigkeit von Zusatzstoff-Unverträglichkeiten bei Kindern mit atopischen Erkrankungen (Asthma, AD, Rhinitis, Urtikaria) mit sieben Prozent (nachgewiesen durch offene Provokation) bzw. mit zwei Prozent (nachgewiesen durch doppel-blinde, plazebokontrollierte Provokation (DBPCFC) an. In dieser Studie reagierten 23 von 335 Kinder auf offene Provokationen mit Farb-, Konservierungs- und romastoffen sowie Zitronensäure. In DBPCFCs (ohne Aromastoffe) bei 16 dieser Patienten reagierten vier Kinder mit einer Ekzemverschlechterung bei bestehender AD. In einer belgischen Studie mit 25 Kindern und schwergradiger AD wurden DBPCFCs mit Tartrazin, Konservierungsstoffen, Geschmacksverstärkern und Tyramin bei sechs Patienten durchgeführt. Der Großteil der Kinder reagierte mit starkem Juckreiz und deutlichen Hautrötungen circa zehn Minuten nach Gabe der Zusatzstoffe.

Lediglich ein Kind reagierte auf Tyramin, allerdings nicht mit Verschlechterung des Hautzustandes, sondern mit isolierten gastrointestinalen Symptomen. Die Studie von Kanny und Mitarbeitern beschränkte sich ausschließlich auf die Testung von Aromastoffen.

Dabei wurden sowohl künstliche als auch natürliche Aromastoffe berücksichtigt, die in der Lebensmittelindustrie eingesetzt werden. Neun von elf getesteten Kindern reagierten mit Ekzemverschlechterungen auf Aromastoffgabe, bei sechs Kindern resultierte eine Diät ohne zugesetzte Aromastoffe in deutlichen Hautverbesserungen.

Der Einfluss von histaminreicher Kost auf den Zustand der Haut wurde für das Kindesalter von Wantke und Mitarbeitern24 untersucht.

Aus Sicht der Autoren ist ein Enzymmangel für die Unverträglichkeitsreaktionen verantwortlich. Diese Hypothese wird durch weitere Publikationen gestützt, die zeigen konnten, dass bei Patienten mit Histamin-Unverträglichkeit ein Diaminoxidase-Mangel vorliegt.

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Pseudoallergische Reaktionen und ihre mögliche Bedeutung als pathogenetischer Faktor bei AD im Erwachsenenalter sind in der Vergangenheit nur vereinzelt untersucht worden. Ein erster Fallbericht, der eine positive Reaktion nach Gabe von Sulfit beschreibt geht auf Ring und Mitarbeiter zurück. Die Patientin reagierte mit generalisiertem Pruritus nach dreißig Minuten und erneutem Ekzemschub nach 12 Stunden, andere Zusatzstoffe sowie Plazebo führten zu keinen Symptomen. Darüber hinaus sind Reaktionen nach einfach blinder Provokation mit Sulfit und anderen Konservierungsstoffen, Farbstoffen, Süßstoffen und mit Tyramin in einem altersgemischten Patientengut beschrieben. 14 von 21 Patienten reagierten mit Ekzemschüben, die in einigen Fällen mit weiteren Reaktionen assoziiert waren. Andere Autoren zweifeln den Einfluss von Zusatzstoffen bei AD aufgrund ihrer Untersuchungsergebnisse nach wie vor an. Hannuksela und Lathi konnten bei keinem der 91 von ihnen getesteten Patienten verschiedenen Alters eine Ekzemverschlechterung nach DBPCFC mit Antioxidantien, Farbstoffen und Sulfit feststellen. Die Beschränkung auf ß-Carotin und ß-8-apo-Carotenal als getestete Farbstoffe muß allerdings vor dem Hintergrund betrachtet werden, dass es bisher keine Berichte gibt, die Carotinoide als Auslöser pseudoallergischer Reaktionen nahe legen. Gutgesell und Mitarbeiter sahen in ihrer Studie bei drei von 25 Patienten positive Reaktionen nach Provokation mit verschiedenen Farbstoffen bzw. p-OH-Benzoesäure, die sich in zwei Fällen nicht durch DBPCFC bestätigen ließen und bei einem Patienten aufgrund abgelehnter Plazebokontrolle nicht gewertet wurden. Auf Natriumdisufit und -benzoat wurden keine positiven Reaktionen beobachtet. Die Autoren weisen allerdings auf ihr begrenztes Spektrum getesteter Substanzen hin.

Zum Einfluß pseudoallergischer Reaktionen bei AD unter Berücksichtigung der gesamten Bandbreite bekannter Auslöser liegt bisher nur unsere eigene kürzlich publizierte Untersuchung vor: Bei fünfzig erwachsenen Patienten wurde sowohl der Verlauf des Hautzustandes unter sechswöchiger Diät im Vergleich zu einer vierwöchigen normalen Ernährung als auch eine mögliche Verschlechterung der Haut nach Provokation mit Hilfe eines standardisierten Scores dokumentiert.

26 von 41 auswertbaren Patienten wiesen Hautverbesserungen unter pseudoallergenarmer Diät von 57 Prozent im Vergleich zur normalen Ernährung auf. Während 19 von 24 Patienten mit deutlichen Hautverschlechterungen auf offene Provokation mit pseudoallergenreicher Kost reagierten, lösten Zusatzstoffe nach DBPCFC lediglich bei sechs von 15 Patienten Ekzemverschlechterungen aus.

Aufgrund der Dosisabhängigkeit pseudoallergischer Reaktionen sind DBPCFCs ausschließlich zur Testung von Zusatzstoffen möglich. Die notwendigen Mengen natürlicher Lebensmittel können nur offen über zwei Tage provoziert werden.

Die Ergebnisse unserer Untersuchung legen nahe, dass auch bei der AD natürliche Auslöser pseudoallergischer Reaktionen möglicherweise eine Rolle spielen. Einschränkend muss jedoch berücksichtigt werden, dass viele natürliche Lebensmittel, die pseudoallergische Reaktionen hervorrufen, gleichzeitig kreuzreaktiv zu Pollenallergenen sein können (Beispiel: Tomate). Insbesondere erwachsene Patienten mit AD weisen häufige und zumeist polyvalente Pollensensibilisierungen auf, die auch ohne klinische Relevanz im Sinne einer Rhinitis zur Unterhaltung der AD über den Verzehr pollenassoziierter Nahrungsmittel beitragen können. Folglich ist nicht auszuschließen, dass bei den Patienten in unserer Studie die hohe Rate, mit Ekzemverschlechterung auf die pseudoallergenreiche Kost zu reagieren, nicht ausschließlich auf pseudoallergische, sondern zum Teil auch auf pollenassoziierte Reaktionen zurückzuführen ist.

Einfluss von Zucker bei atopischer Dermatitis

Foto: © Carmen Martínez Banús

Im deutschsprachigen Raum wird raffinierter Zucker (Saccharose) sehr häufig von Patienten mit AD angeschuldigt, Ekzemreaktionen hervorzurufen. Paradoxerweise wird Zucker in Auslassdiäten häufig durch alternative Süßungsmittel wie Honig oder Ahornsirup ersetzt, obwohl letztere die gleichen Monosaccharide enthalten, aus denen Saccharose besteht.
In Honig sind diese Monosaccharide vorrangig als Invertzucker vorhanden, in Ahornsirup dagegen liegen neunzig Prozent des Zuckeranteils als Saccharose vor.

Ein Wirkmechanismus, der eine Ekzemverschlechterung durch Zucker erklären könnte, liegt bislang nicht vor. Kontrollierte Studien, die den Einfluss von Saccharose auf den Hautzustand be- oder widerlegten, sind ebenfalls bisher nicht durchgeführt worden. In einer eigenen Studie bei dreißig Patienten mit nachgewiesener AD im Alter zwischen zwei und 47 Jahren konnten wir keinen signifikanten Unterschied zwischen Provokationen mit Saccharose im Vergleich zu Plazebo (Aspartam) zeigen. Die Verumprovokationen wurden mit 100 g bzw. im Kleinkindalter mit 40 g Saccharose durchgeführt. Die zuckerfreie Diät, die nicht nur während der Testung, sondern bereits eine Woche vor den Provokationen durchgeführt wurde, bewirkte ebenfalls keine Veränderung des Hautzustandes bei den Patienten. Die Zuckerrestriktion beinhaltete nicht nur raffinierten Zucker, sondern auch Süßigkeiten, alternative Süßungsmittel wie Honig etc. und Früchte. Als Zuckerersatz durften die Patienten Aspartam verwenden.
Die Ergebnisse der Studie zeigen deutlich, dass eine Provokationstestung mit einer hohen Menge von raffiniertem Zucker den Hautzustand bei Patienten mit AD nicht beeinflusst.

Schlussfolgerungen

Verschiedene Studien, einschließlich der eigenen Untersuchung, zeigen, dass Zusatzstoffe, aber auch natürliche Substanzen in Lebensmitteln, aufgrund eines nicht IgE-vermittelten Mechanismus Triggerfaktoren der AD darstellen und damit auch in einer Zunahme der Ekzemreaktion resultieren können.

Bei Verdacht auf einen durch Pseudoallergene beeinflussbaren Hautzustand bei AD ist daher die Durchführung einer kontrolliert durchgeführten Diagnostik nach den Leitlinien der DGAI sinnvoll.

Dagegen kann der Einfluss von Zucker auf den Hautzustand bei AD aufgrund der vorliegenden Datenlage verneint werden.
Ein genereller Zuckerverzicht als therapeutische Maßnahme bei Patienten mit AD ist daher nicht gerechtfertigt.

Dipl. oec. troph. Imke Reese und M. Worm

Der Abdruck des Artikels erfolgte in der Zeitschrift HAUTFREUND mit freundlicher Genehmigung des Dustri-Verlags Dr. Karl Feistle. Der Artikel erschien im Original in folgender Zeitschrift: Allergologie, Jahrgang 25, Nr. 5/2002, S. 264-268

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