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Medikamente als mögliche Auslöser

Die Vitiligo ist eine chronische Hauterkrankung mit Funktionsverlust bzw. Zerstörung der  Pigmentzellen. Die exakte Ursache hierfür ist noch immer unklar. Mitunter besteht von Seiten der betroffenen Patienten Informationsbedarf zur möglichen Rolle von systemisch oder äußerlich verabreichten Medikamenten. Ein kausaler Zusammenhang zwischen eingenommenen Medikamenten und dem Auftreten oder der Verschlimmerung von Vitiligo ist allerdings nur für die wenigsten Medikamente sicher belegt.

Interferon-alpha
Als gesichert gilt der Zusammenhang zwischen der systemischen Einnahme von Interferon-alpha und Vitiligo. Interferon-alpha gehört zu den klassischen Zytokinen und wird im Rahmen von Immuntherapien bestimmter Tumorerkrankungen (z. B. kutane Lymphome, spezielle Leukämieformen oder malignes Melanom) typischerweise subkutan oder intraläsional verabreicht. Auch bei der chronischen Hepatitis C wird Interferon-alpha subkutan zur Verminderung der Viruslast und zur Immunstimulation verabreicht. In der wissenschaftlichen Fachliteratur gibt es eine Fülle von kasuistischen Berichten und Fallserien sowohl über das Neuauftreten von Vitiligo vulgaris als auch die Verschlechterung einer präexistenten Vitiligo nach Einnahme von Interferon-alpha (1). Pathogenetisch bewirkt Interferon-alpha über verschiedene Wege eine Verstärkung der zellulären Immunität, in dessen Folge es bei entsprechender genetischer Disposition zu einer Induktion von Immunreaktionen gegen Pigmentzellen (Melanozyten) kommen kann. Darüberhinaus besitzt Interferon-alpha direkte Effekte auf Melanozyten: es hemmt die Melaninsynthese (Pigmentbildung) und unterdrückt die Zellteilung dieser Zellen. Der Zusammenhang von Vitiligo und der Einnahme von Interferon-alpha unterstützt besonders die Autoimmunhypothese der Vitiligo vulgaris. Sie postuliert, dass Melanozyten bei dieser Erkrankung durch eine überschießende Immunreaktion zerstört werden.

Diphenylcyclopropenon
Diphenylcyclopropenon (DCP) ist das wirkungsvollste Therapeutikum beim langjährig bestehenden kreisrunden Haarausfall (Alopecia areata) (2). Diese Erkrankung kann mit der Vitiligo assoziiert sein, u. U. mit noch anderen Autoimmunerkrankungen wie z. B. der Hashimoto-Thyreoiditis, der multiplen Sklerose, dem M. Addison oder dem M. Crohn (sog. autoimmunpolyglanduläre Syndrome). DCP führt über die Auslösung eines allergischen Kontaktekzems zu einer Verringerung der Entzündungszelldichte in den betroffenen Haarwurzeln von Patienten mit Alopecia areata. Dadurch kommt es im behandelten Kopfhautareal zu einem Wiederwachstum von Haaren. Vitiligo-artige Hypopigmentierungen bzw. das Neuauftreten einer klassischen Vitiligo vulgaris unter DCP-Therapie sind in der Fachliteratur mehrfach beschrieben (3) und wurden auch vom Autor dieses Artikels innerhalb seiner Haar- und Pigmentsprechstunde vereinzelt beobachtet. Das Ausmaß der Hypopigmentierung kann kosmetisch äußerst störend sein, wobei in einem Fall ein leopardenartiges Pigmentierungsmuster am haarlosen Kopf der mit DCP behandelten Patientin resultierte. Pathogenetisch liegt hier am ehesten das sog. Koebner-Phänomen der Vitiligo zugrunde: offensichtlich kommt es durch die allergische bzw. bei zu hohen Dosen von DCP auch bisweilen toxische Dermatitis zu einer starken Entzündungsreaktion, welcher die Pigmentzellen von Patienten mit genetischer Disposition zu Vitiligo nicht gewachsen sind. Auch eine immunologische vermittelte Triggerung der Vitiligo durch DCP ist denkbar.

Imiquimod
Unter Anwendung von Imiquimod kann es ebenfalls zum Auftreten von vitiligoartigen Depigmentierungen kommen. Imiquimod wird v. a. zur äußerlichen Therapie von Feucht- oder Feigwarzen im Genitalbereich benutzt, einer Region, die eine Prädilektionsstelle der Vitiligo vulgaris ist! Das Auftreten von Vitiligo-artigen Herden unter Lokaltherapie mit Imiquimod ist in der Fachliteratur mehrfach und detailliert dokumentiert (4). Pathogenetisch wirkt Imiquimod innerhalb der Epidermis nicht nur immunstimulierend, z. B. durch Induktion von Interferon-alpha (s. o.), sondern kann auch programmierten Zelltod von Melanozyten bewirken. Dies erklärt das Auftreten von Vitiligoherden nach Imiquimod und bekräftigt wiederum die Autoimmunhypothese dieser Erkrankung.

Imatinib
Die innerhalb der letzten Jahre zunehmend eingesetzten Rezeptor-Tyrosin-Kinase-Inhibitoren besitzen gleichfalls das Potenzial zur Induktion von Vitiligo-artigen Hypopigmentierungen. Imatinib wird bei bestimmten Leukämieformen, beim Schleimhautmelanom mit c-kit-Mutation und anderen soliden Tumoren eingesetzt. Nach Imatinibgabe wurde mehrfach über Vitiligo-artige Depigmentierungen der Haut und Haare berichtet (5). Imatinib bewirkt eine Hemmung des sog. c-kit-MGF-Signalweges. Dieser ist auch für die Pigmentierung und Zellteilung der Melanozyten wichtig. Paradoxerweise wurde nach Imatinibgabe vereinzelt auch über Hyperpigmentierungen der Schleimhäute und Repigmentierungen bei Vitiligo berichtet, deren Ursache unbekannt ist. 


Beta-Blocker und Protonenpumpenhemmer?
Eher unsicher erscheint ein Zusammenhang zwischen der Einnahme von beta-Blockern, Protonenpumpenhemmern und Vitiligo. Beta-Blocker werden in erster Linie zur Behandlung des hohen Blutdruckes, bei koronarer Herzkrankheit sowie bei tachykarden Herzrhythmusstörungen eingesetzt. Protonenpumpenhemmer sind häufig verschriebene Magenschutzmittel für Patienten mit Gastritis, Refluxerkrankung, Magen- und Zwölffingerdarmgeschwür. 1995 berichtete Schallreuter über 7 Fälle aus ihrem Kollektiv von 548 Patienten mit Vitiligo. Unter der Einnahme von beta-Blockern (Metoprolol, Atenolol) kam es zu einer Verschlechterung einer vorbestehenden Vitiligo innerhalb von 3 Monaten (6). Vermutet wird ein Zusammenhang zwischen der Expression von Adrenorezeptoren in der Epidermis und der Melaninsynthese.
In einer weiteren erschienenen Veröffentlichung von Schallreuter & Rokos wurde über drei Patienten berichtet, bei denen es im Rahmen einer kombinierten Sonnenlicht- (UVB-Schmalband) und Pseudokatalase-Therapie nach Einnahme von Protonenpumpenhemmern zu einer Verschlechterung des Hautzustandes kam (7). Absetzen des Protonenpumpenhemmers und Fortsetzung der obigen Vitiligo-Therapie führte zu einer langsamen Repigmentierung. Von den Autoren wurden verschiedene Mechanismen diskutiert, wie es durch die Protonenpumpenhemmer zur Verschlechterung des Hautzustandes bei Vitiligo kommen kann: 1. Hemmung von Ionenkanälen nicht nur im Magen, sondern auch in Melanozyten mit nachfolgender Pigmentbildungsstörung; 2. Verminderte Bereitstellung von Kupfer für das Schlüsselenzym der Melaninsynthese, Tyrosinase. 3. Induktion von programmiertem Zelltod der Melanozyten.
 Bis heute liegen allerdings keine weiteren Berichte vor, die die negative Wirkung von Beta-Blockern oder Protonenpumpenhemmern auf den Verlauf der Vitiligo bestätigen. Bis zur endgültigen Klärung dieser Frage ist daher beim Einsatz von beta-Blockern und Protonenpumpenhemmern bei Patienten mit Vitiligo zumindest Aufmerksamkeit geboten.

Anti-Tumornekrose-Faktor-Biologics
Biologics, die zur Gruppe der anti-Tumornekrosefaktor (TNF)-Medikamente zählen (Etanercept, Infliximab und Adalimumab), wurden in der Vergangenheit in Einzelfällen und kleineren Fallserien in Form von Pilotstudien zur Behandlung der Vitiligo vulgaris getestet. Diese Medikamente sind sonst für die Therapie der Schuppenflechte (Psoriasis vulgaris) und Psoriasis-Arthritis zugelassen. Obwohl TNF in befallener Haut von Patienten mit Vitiligo vermehrt vorhanden ist, gibt es aber bis heute keine klaren Evidenzen für die Wirksamkeit dieser Subtanzen bei der Vitiligo. Bemerkenswerterweise liegen auch Berichte über die Ausbreitung einer vorbestehenden Vitiligo oder sogar die Induktion einer Vitiligo z. B. nach Infliximabverabreichung, vor (8). Die Wirkung dieser Biologics bei der Vitiligo ist also noch unklar. 

Autor:
Dr. med. Markus Böhm
Klinik und Poliklinik für Dermatologie und Venerologie
Universitätsklinikum Münster

Literatur
1. Simsek H, Savas C, Akkiz H, Telatar H. Interferon-induced vitiligo in a patient with chronic viral hepatitis C infection. Dermatology. 1996; 193: 65-6.
2. Ohlmeier MC, Traupe H, Luger TA, Böhm M. Topical immunotherapy with diphenylcyclopropenone of patients with alopecia areata - a large retrospective study on 142 patients with a self-controlled design. J Eur Acad Dermatol Venereol 2011, im Druck.
3. Duhra P, Foulds IS. Persistent vitiligo induced by diphencyprone. Br J Dermatol. 1990; 123: 415-6.
4. Stefanaki C, Nicolaidou E, Hadjivassiliou M, Antoniou C, Katsambas A. Imiquimod-induced vitiligo in a patient with genital warts. J Eur Acad Dermatol Venereol 2006; 20: 755-Legros L, Cassuto JP, Ortonne JP. Imatinib mesilate (Glivec): a systemic depigmenting agent for extensive vitiligo? Br J Dermatol. 2005; 153: 691-2.
6. Schallreuter KU. Beta-adrenergic blocking drugs may exacerbate vitiligo. Br J Dermatol 1995; 132: 168-9.
7. Schallreuter KU, Rokos H. From the bench to the bedside: proton pump inhibitors can worsen vitiligo. Br J Dermatol 2007; 156: 1371-3.
8. Ramírez-Hernández M, Marras C, Martínez-Escribano JA. Infliximab-induced vitiligo. Dermatology. 2005; 210: 79-80.

Quelle: VITILIGO INFORMATION, Mitgliederzeitschrift vom Deutschen Vitiligo Verein www.vitiligo-verein.de

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