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04.08.2013

Hygiene im Haushalt

In einem wissenschaftlichen Bericht, der heute auf der Excellence in Paediatrics Conference in Madrid vorgelegt wurde, rufen Wissenschaftler des International Scientific Forum on Home Hygiene (IFH)[1] zu einem radikalen Umdenken in Bezug auf Reinlichkeit und Hygiene im Haushalt auf. Der Bericht hinterfragt die lange Zeit geltende "Hygienehypothese", die besagt, dass übermässige Reinlichkeit bei Kindern sogar vermehrt zu Allergien führen könne. Und wenngleich der Bericht das Konzept bestätigt, dass wir einigen Mikroorganismen ausgesetzt sein müssen, um unser Immunsystem zu regulieren, wird die Annahme hinterfragt, dass es sich dabei auch um Keime handeln müsse, die zu Infektionskrankheiten führen - die Vorstellung, dass Kinder, die aufgrund einer reinlicheren Umgebung weniger erkranken, vermehrt Asthma oder sonstige Allergien ausbilden.

Auslöser für Allergien?


Für den IFH-Bericht mit dem Titel "The hygiene hypothesis and its implications for home hygiene, lifestyle and public health" (Die Hygienehypothese und ihre Auswirkungen auf die Hygiene im Haushalt, auf den Lebensstil und auf das Gesundheitswesen) wurden wissenschaftliche Erkenntnisse überarbeitet, die in den vergangenen 20 Jahren seit der Aufstellung der "Hygienehypothese" erbracht wurden. Man untersuchte, ob die heutige Hygiene im Haushalt und im Alltag wirklich ein Auslöser für Allergien, wie z. B. Heuschnupfen, und chronisch-entzündliche Erkrankungen (CEE), wie z. B. Typ-1-Diabetes, multiple Sklerose und chronisch-entzündliche Darmerkrankung, sein könne, die allesamt in den vergangenen Jahren vermehrt auftreten. Die Forscher kamen zu dem Ergebnis, dass eine Vielzahl von Massnahmen, wie z. B. sanitäre Anlagen, saubereres Essen und Trinken sowie Antibiotika, die in den letzten 200 Jahren eingeführt wurden, den Kontakt sowohl mit schädlichen Keimen als auch mit Mikroorganismen, die unser Immunsystem regulieren, reduziert oder verändert haben. Zusammen mit anderen Faktoren, wie beispielsweise Genetik, moderner Ernährung, Umweltverschmutzung und Stress, sind wir somit anfälliger für Allergien und CEE.

Infektionsprävention

Die Forscher legen eindringlich nahe, dass wir auch weiterhin darauf achten müssen, die "falschen" Mikroorganismen - also die Krankheitserreger, die zu schweren Erkrankungen führen können - unter Kontrolle zu halten, auch wenn der Kontakt mit den "richtigen" Mikroorganismen von wesentlicher Bedeutung sei. Die nach wie vor hohe Belastung durch Infektionskrankheiten, die höhere Anzahl an infektionsgefährdeten Menschen, das Problem der Antibiotikaresistenz, der Mangel an wirksamen Impfstoffen gegen viele Infektionskrankheiten - all dies bedeutet, dass Infektionsprävention nach wie vor ein Gesundheitsproblem darstellt, das unsere grösste Aufmerksamkeit verdient. Hygiene muss daher eine zunehmend wichtige Rolle spielen, und der IFH-Bericht räumt ein, dass diesem Thema auf der Gesundheitsagenda eine höhere Bedeutung zukommen müsse.

"Allergien und chronisch-entzündliche Erkrankungen sind ernsthafte Gesundheitsprobleme. Einfach zu behaupten, dass eine ,übermässige Reinlichkeit' der Grund dafür sei, ist der falsche Ansatz, da dies davon abhält, die wahren und vermutlich viel komplexeren Ursachen und folglich auch die Lösungen für das Problem zu finden", kommentierte Dr. Rosalind Stanwell Smith, Honorary Senior Lecturer an der London School of Hygiene and Tropical Medicine (GB) und Mitautorin des Berichts. Sich darüber Sorgen zu machen, ob man "zu reinlich" sei, könnte dazu führen, dass Erwachsene und ihre Kinder unnötigerweise mit Krankheitserregern in Kontakt kommen, die sie krank machen und ganz klar eine Gefahr darstellen würden.

Reinlichkeit oder Hygiene

Professor Sally Bloomfield, Chairman des IFH, Honorary Professor an der London School of Hygiene and Tropical Medicine (GB) und Mitautorin des Berichts, fügte hinzu: "Entscheidend dabei ist, dass wir uns von der Vorstellung verabschieden müssen, ,zu reinlich' zu sein, und somit Reinlichkeit mit Hygiene verwechseln. Wir müssen den Menschen dabei helfen, unterscheiden zu können, ob sie ihre Kinder lediglich mit ihrer Umgebung in Kontakt treten oder sie schmutzig werden lassen, und dabei darauf achten, dass sie so gut wie möglich vor potenziell schädlichen Erregern geschützt sind. Wir sollten Kinder beispielsweise dazu ermutigen, miteinander zu spielen und ungehindert mit ihrer Umgebung zu interagieren, dabei jedoch Dinge wie das Händewaschen nach dem Toilettengang, vor dem Essen, nach dem Spielen auf dem Bauernhof usw. rigoros durchzusetzen."

Professor Rook vom Centre for Clinical Microbiology, University College London (GB), und Mitautor des Berichts legt nahe, dass die neuen Forschungsergebnisse besser mit der Vorstellung vereinbar seien, dass es sich bei den Mikroorganismen, denen wir ausgesetzt sein müssen, nicht um Erreger von Infektionskrankheiten handele, da diese sich erst vor relativ kurzer Zeit entwickelt hätten. Er schlägt vor, dass die Mikroorganismen, die wir benötigen, diejenigen seien, denen wir in der Steinzeit ausgesetzt waren, als unsere Immunsysteme sich zu entwickeln begannen: Umweltkeime, also die Keime, die seinerzeit unsere reguläre Darmflora bildeten, sowie Helminthen (Würmer). Er bezeichnet die Überarbeitung der Hygienehypothese als "Old-Friends"-Hypothese. "Es wird immer deutlicher, dass wir nach Wegen suchen müssen, um uns erneut diesen ?alten Bekannten' auszusetzen, um die zunehmende Zahl der Allergien und weiterer chronisch-entzündlicher Erkrankungen zu bekämpfen, welche die Gesellschaft von heute plagen. Doch das wird mehr Zeit und weitere Forschungen erfordern. Wenn die ?Old-Friends'-Hypothese stimmt, ist es unwahrscheinlich, dass nachlässigere Hygiene- und Reinlichkeitsstandards dabei helfen werden, da es ziemlich wahrscheinlich ist, dass nicht mehr viele dieser Mikroorganismen und weitere hilfreiche Einflüsse in unseren modernen, urbanen Behausungen auftreten."

Hierbei handelt es sich um die Grundlage einer rationaleren Herangehensweise an Hygiene im Haushalt, die vom IFH entwickelt wurde und als "gezielte Hygiene" bezeichnet wird. Dahinter steckt das Prinzip, den Menschen begreiflich zu machen, wie schädliche Erreger hauptsächlich in unser Zuhause und in unseren Alltag gelangen und dass es wichtig ist, Hygienemassnahmen, wie das Händewaschen in angemessenen Situationen, zu ergreifen und somit die Ausbreitung von Keimen zu verhindern. Indem wie uns auf unsere Hygienegewohnheiten und die unserer Kinder konzentrieren, wird das Erkrankungsrisiko minimiert, und andere Mikroorganismen, die auf natürliche Weise in unserer Umgebung vorhanden sind, werden am wenigsten beeinträchtigt. Das IFH ist sich bewusst, dass nationale und internationale Gesundheitsbehörden, Umweltministerien und Entscheidungsträger zusammenarbeiten und die Verantwortung für Gewohnheits- und Verhaltensänderungen sowie für Aufklärung in allen Gesellschaftsschichten übernehmen müssen, um eine bedeutsame und einflussreiche Veränderung herbeizuführen.


Informationen


Das IHF hat ausserdem eine kurze Zusammenfassung der Ergebnisse und Schlussfolgerungen des Berichts erstellt. Diese können über folgenden Link im Papierformat angefordert oder heruntergeladen werden:
http://www.ifh-homehygiene.org

Das International Scientific Forum on Home Hygiene (IFH) ist eine gemeinnützige Nichtregierungsorganisation, die auf der Grundlage von soliden wissenschaftlichen Prinzipien die Praktiken zur Hygiene im Haushalt entwickelt und fördert. Weitere Informationen über das IFH erhalten Sie unter http://www.ifh-homehygiene.org

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